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Folgen des Klimawandels


Executive Summary / Main take aways

  • Das Klima steht auf der Kippe – mit verheerenden Folgen für die Menschheit, Tiere, Umwelt und physikalische Systeme der Erde.
  • Mit exponentieller Zunahme der globalen mittleren Temperatur aufgrund anthropogener Treibhausgasemissionen steigt das Risiko von Temperaturextremen, Hitzewellen, des Meeresspiegelanstiegs, Dürren und Wasserknappheit.
  • Ökosysteme drohen zusammenzubrechen und es ist mit signifikanten Biodiversitätsverlusten zu rechnen, die zum sechsten Massensterben beitragen.
  • Leib, Leben und Gesundheit von Millionen Menschen sind direkt aufgrund der Klimaveränderungen bedroht sowie indirekt aufgrund von Wasserknappheit und Nahrungsmitteleinbussen. Ausserdem drohen Infrastrukturverluste und signifikante wirtschaftliche Folgeschäden.
  • Hochrisikoszenarien könnten sich insbesondere bei der Überschreitung sog. Kipp-Punkte realisieren.

Grundlagen

Der Klimawandel hat vielschichtige und komplexe Auswirkungen auf den gesamten Planeten, die aufgrund der vernetzten, nichtlinearen Natur des Klimasystems nur schwer vorhersehbar sind. Der Weltklimarat (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) ist ein seit 1988 bestehendes, unabhängiges wissenschaftliches Forschungsgremium der Vereinten Nationen (UN), das den jeweils neuesten Kenntnisstand klimatologischer Grundlagen, Auswirkungen und Projektionen bewertet und ihn in regelmässigen Sachstandsberichten sowie in Sonderberichten zu ausgewählten Themen zusammenfasst. Die Berichte gelten als umfangreichste und fundierteste Quelle aktueller Klimaforschung und als verlässlichste Leitreferenz für klimapolitisches Handeln. Den Sachstandsberichten müssen alle Mitgliedsstaaten des IPCC zustimmen, weshalb ihnen besonderes Gewicht zukommt.

Die konkreten Folgen des Klimawandels bemessen sich aus der Interaktion klimabezogener Gefährdungen, der Verwundbarkeit und Exposition natürlicher Systeme und des Menschen, sowie deren Anpassungsfähigkeit. «Schlüsselrisiken,» also jene Folgen, die sektor- und regionenübergreifend zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen führen, manifestieren sich in physikalischen, biologischen und menschlichen Systemen. Regelmässig werden physikalische Veränderungen als «direkte» Folgen des Klimawandels verstanden, Konsequenzen für Menschen und die Umwelt hingegen als «indirekte» Folgen des Klimawandels.

Auswirkungen des Klimas auf physikalische Systeme

Im Zuge der globalen Erwärmung wird die Energiebilanz durch die erhöhten Treibhausgaskonzentrationen verändert, was insgesamt zu einem markanten (und vergleichsweise rasanten) Anstieg der globalen Mitteltemperatur führt. Gemäss dem Sonderbericht «1,5 °C Globale Erwärmung» des IPCC von 2018 stieg die global gemittelte kombinierte Land- und Ozeanoberflächentemperatur allein zwischen 1880-2017 um 1°C. In Zukunft ist mit einem exponentiellen Temperaturanstieg zu rechnen (bis zu +5.7°C bis 2100 gegenüber vorindustriellen Zeiten) sowie mit Temperaturextremen und vermehrten sowie zunehmend langen Hitzeperioden. Steigt die globale Mitteltemperatur an, so dehnt sich Wasser aus und polare Eiskappen und Gletscher beginnen zu tauen. Dadurch steigt der Meeresspiegel an (bis 2100 um bis zu 1.01 Meter), was wiederum Überflutungen und Erosionen in Küstengebieten nach sich zieht. Verringert sich die Eisfläche, geht zudem der für ein stabiles Klima wichtige Albedo-Effekt verloren (d.h. weniger Strahlen werden zurück ins All reflektiert), was wiederum die Erwärmung verstärkt. Wird das relativ sensible Klimasystem durcheinandergebracht, führt dies vermehrt zu extremen Wetterereignissen, wie Starkniederschlägen und tropischen Wirbelstürmen, mit starken Überschwemmungsrisiken.

Gleichzeitig werden Wasserressourcen beeinträchtigt – dies sowohl qualitativ (d.h. die Wasserqualität wird vermindert) wie auch quantitativ (d.h. deren Verfügbarkeit wird eingeschränkt). Im Mittelmeerraum etwa breitet sich Trockenheit aus, wodurch das Risiko von Dürren und Waldbränden steigt.

Bereits Beobachtete Veränderungen des Klimas in der Schweiz. Quelle: National Centre for Climate Services (NCCS) 2020.

Auswirkungen des Klimas auf biologische Systeme

Gemäss dem 2019 IPCC-Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme erhöht sich die mittlere Temperatur der Landfläche doppelt so stark wie die globale Mitteltemperatur, weshalb bereits vorhandene Belastungen der Landsysteme (etwa Zerstörung der Wälder, Bodendegradierung, Süsswasserverbrauch) durch den Klimawandel weiter erhöht werden. Die Nutzung des Landes selbst ist Mitursache und Katalysator des Klimawandels, so verursacht das Ernährungssystem heute beinahe einen Drittel der gesamten anthropogenen THG-Emissionen.[1]

Die vielschichtigen physikalischen Veränderungen des Klimasystems führen zu Verlusten von Ökosystemen, biologischer Vielfalt und Ökosystemgütern, -funktionen und -dienstleistungen. Dies etwa aufgrund von Waldbränden, Überschwemmungen, Dürren, Wetterextremen, aber auch als Folge der erleichterten Verbreitung von Schädlingen, Krankheitserregern und Parasiten auf Tiere und Pflanzen. Die Geschwindigkeit des Klimawandels übersteigt die Fähigkeit einer Mehrheit von Tieren und Pflanzen, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen. Neuesten Untersuchungen zufolge hat das «sechste Massenaussterben» bereits begonnen und geht erstmals auf menschliche Einflüsse, d.h. auf den anthropogenen Klimawandel und die zugehörigen Prozesse wie die intensive Landnutzung (etwa durch Massentierhaltung), zurück.

Auch marine Ökosysteme und deren Bewohner*innen sind vom Klimawandel betroffen. Die Meere haben bisher etwa ein Drittel der anthropogenen THGs aufgenommen. Dieser Kohlenstoffspeicher hat aber einen hohen Preis: Bei der Aufnahme von CO2 aus der Luft entsteht Kohlensäure im Wasser, der pH-Wert sinkt und das Wasser wird saurer. Die Ozeanversauerung ist mit +26% bereits in vollem Gange, mit fatalen Folgen für kalkskelettbildende Lebewesen (wie Muscheln), Korallen, und die von ihnen abhängigen zahlreichen Meeresbewohner. Modellierungsstudien des IPCC zeigen, dass es bis 2100 wahrscheinlich zu einem Anstieg der mittleren globalen Ozeantemperatur von +1-4°C kommen wird. Diese Erwärmung zwingt Meeresbewohner zur Migration in kühlere Gewässer und führt gehäuft zu ihrem Tod.

Photo credit: AP Photo / Noah Berger.

Auswirkungen des Klimas auf den Menschen und bewirtschaftete Systeme

Die Vorhersagen der Auswirkungen des Klimawandels auf das menschliche Leben und die Gesundheit sind düster: Im Vordergrund steht das Risiko einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung und zerstörter Existenzgrundlagen aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels und Hochwasser, Sturmfluten und Küstenüberschwemmungen, steigender Lufttemperaturen sowie extremer Hitzeperioden. In ärmeren Ländern kann und wird dies zum Verlust von Leben führen. Aber auch Menschen in reicheren Gesellschaften sind bereits heute in ihrem Leben und ihrer Gesundheit beeinträchtigt – aufgrund von Hitzewellen wie etwa im Sommer 2003 sterben und erkranken immer mehr Menschen; in diesen Ländern steht aber aufgrund tendenziell höherer adaptiver Ressourcen (etwa bzgl. Infrastruktur, Finanzen, politischer Einfluss) regelmässig der Verlust ökonomischer Werte im Vordergrund.

Klimatische Veränderungen beeinträchtigen die Nahrungsmittelproduktion und Wasserversorgung signifikant (etwa aufgrund von Missernten und Ertragseinbussen bei Mais, Reis und Weizen) und gefährden damit die Ernährungssicherheit. Dies führt voraussichtlich zu einer Zunahme der Hunger- und Wasserkrisen, insbesondere in Entwicklungsländern, sowie zum Verlust ländlicher Existenzgrundlagen und Einkommen, insbesondere für die ärmere Bevölkerung. Damit einhergehend wird eine Verschärfung sozialer Ungerechtigkeiten, eine Zunahme globaler Migrationsbewegungen und die Gefahr gewaltsamer Konflikte projiziert.

Risiken für Menschen bestehen ausserdem, da zunehmende Extremwetterereignisse zum Zusammenbruch von Infrastrukturnetzen und entscheidenden Dienstleistungen führen können. Dies zieht offensichtlich immense wirtschaftliche Folgen nach sich, etwa zur Finanzierung der Beseitigung von Klimafolgeschäden und zur Anpassung verschiedener Industriezweige (z.B. Land- und Forstwirtschaft, Energiewirtschaft, Raumentwicklung, Tourismus, etc.). Insgesamt muss mit Einbrüchen im Wirtschaftswachstum gerechnet werden.

Klimaszenarien der Zukunft

Der Sonderbericht «1,5 °C Globale Erwärmung» zeigt auf, dass nahezu alle projizierten Risiken bei einer Erwärmung von max. +1.5°C signifikant geringer sind im Vergleich zu Szenarien mit höheren Temperaturen. Der Meeresspiegel etwa würde weiterhin ansteigen, könnte aber um 0.1m verringert werden, so dass bis zu 10 Millionen weniger Menschen den damit verbundenen Risiken ausgesetzt wären. Weiter würden bei einer +1.5°C Erwärmung 6% der Insekten, 8% der Pflanzen und 4% der Wirbeltiere verschwinden – verglichen mit 18% der Insekten, 16% der Pflanzen und 8% der Wirbeltiere bei einer Erwärmung von 2°C.

Auch zu beachten ist, dass der Klimawandel nicht langsam und gleichmässig stattfindet. Vielmehr steigt die Geschwindigkeit von Klimaänderungen rasant, womit die Gefahr von abrupten, unumkehrbaren Klimaänderungen mit sehr hohem Risiko steigt (sogenannte «Kipp-Punkte»). Wird die 1.5°C-Grenze überschritten, so müssten Systemübergänge in Energie-, Land-, Stadt- und Infrastruktur rasch und weitreichend erfolgen [Hyperlink]; zudem steigt damit die Abhängigkeit der Kohlendioxidentnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR), die als nicht ausgereift und unverlässlich gilt und deren Risiken unbekannt sind. Der fünfte Sachstandsbericht des IPCC (AR5) weist darauf hin, dass wir uns mit grossen Schritten jenem Punkt nähern, ab dem die Vermeidung katastrophaler Schäden nicht mehr möglich sein wird, und unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer einschneidenden globalen Verringerung der vom Menschen verursachten THGs.

 

Verwendete Literatur und Links:

 

[1] IPCC Special Report: Climate change and land (2019), Technical Summary, 45.

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